Einen hab’ ich noch!

“Einen hab’ ich noch!”, hat früher Heinz Erhardt immer wieder gesagt und förderte noch ein Gedicht oder Spruch zutage. Früher musste jede Sendung mit ihm bis zum Schluß geschaut werden. Also wirklich bis zum Ende des Abspannes und am besten noch bis zum Start der nächsten Sendung. Der Grund war einfach: Selbst direkt nach dem Abspann kam oftmals noch ein kleiner Sketch. Es war regelrecht enttäuschend, wenn die Sendung ohne dies zuende ging. Meine Kinder bleiben mittlerweile auch im Kino immer noch gerne etwas sitzen, schauen den Abspann und sind gespannt ob gegebenenfalls am Ende noch eine kleine Pointe kommt.

Im Berufsleben sieht das anders aus. Jeder ist froh, wenn die Besprechung zuende ist. Diejenigen, die dann damit ankommen, dass sie noch eine Anmerkung oder eine Idee haben, werden als nervig angesehen und schnell abgewürgt. Immerhin muss ja jeder weiter zur nächsten Besprechung oder doch eher einfach nur raus aus dem Meeting. Die meisten freuen sich über die Glücksgefühle, wenn Dinge erledigt sind. Ein beendetes Meeting hat ebenfalls diesen Effekt: Termin vorbei, Haken dran, Erfolg, Glücksgefühl. Dieses Glücksgefühl kommt sogar dann vor, wenn noch nicht alles wirklich geklärt wurde.

Fatal ist es Termine zu beenden in denen es offensichtlich noch Punkte gibt die Klärungsbedarf haben. Derjenige der nun nachfragt was denn mit dem einen oder anderen Thema sei oder was denn nun wirklich die konkreten nächsten Schritte sind, macht sich schnell unbeliebt. Immerhin kann der Termin dann ja noch nicht beendet werden und das Glücksgefühl lässt auf sich warten. Oder noch schlimmer: Zur Klärung der Punkte müssen die Teilnehmer noch nachdenken. Dabei ist es so wichtig Unklarheiten auf den Tisch zu bringen oder zumindest es dahin zu führen, dass vereinbart wird diese Punkte in einem Folgetermin zu klären. Ansonsten bleiben immer mehr Themen offen und es gibt keinen Verantwortlichen der sich um diese Punkte kümmert. Noch schlimmer: Viele glauben, dass man ja darüber gesprochen hat, also wird es gedanklich abgehakt und kommt erst dann wieder auf den Tisch, wenn es kritisch wird, Risiken eintreffen oder etwas gegen die Wand gefahren wurde.

Daher ist es so wichtig unklare Punkte direkt zu klären oder aber zumindest in den Prozess zur Klärung zu bringen. Dazu gehört es einen Verantwortlichen zu bestimmen und festzulegen wann wie mit dem Thema weiter verfahren wird. Dazu kann es schon ausreichen festzulegen wann der nächste Termin zur Klärung stattfindet. Hauptsache ist, dass kein Punkt verloren geht.

Wichtig: Dies soll nicht bedeuten, dass Termine nicht pünktlich zu einem Ende kommen sollen. Das Gegenteil ist der Fall. Dadurch das stets ein Verantwortlicher vorhanden ist und Dinge in einen Prozess gebracht werden, müssen Details nicht unbedingt im Termin ausdiskutiert werden. Daher kann es sogar sein, dass Termine schneller beendet werden können als geplant.

Auf der anderen Seite sind lange Termine durchaus sogar ein Mechanismus der gerne gewählt wird, um kritische Themen zu umgehen oder Entscheidungen ohne großes Hinterfragen im eigenen Sinne zu erreichen. Schauen wir in die Richtung der Politik. Schwierige Themen werden bis tief in die Nacht über Stunden verhandelt, bis die Kräfte der Einzelnen nachlassen und die einzelnen Gruppierungen eher zu Zugeständnissen bereit sind. Aber das ist ein anderes Thema.

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