Den Spruch “Alles Scheiße, Deine Elli” hatte meine Mutter immer mal wieder gebracht, wenn bei ihr einiges schief lief oder ich selbst am Jammern war. Ich hatte daran schon lange nicht mehr gedacht, geschweige ihn verwendet, aber heute wäre er mehr als angebracht gewesen…
Es war ein Gespräch in dem alles, auch wirklich alles, von meinem Gesprächspartner negativ ausgelegt wurde. Es gab nicht mal ein funzeliges Licht am Ende des Tunnels, stattdessen griff immer mehr ein unangenehmes Schwarz nach mir. Im Gespräch fühlte ich mich wie ein Bagger, der mit Mühe immer wieder die dicken Brocken aus dem Weg räumt, um voran zu kommen. Und was war dahinter? Der nächste Scheißhaufen, zumindest in den Augen meines Gesprächspartners. Mein Unterbewusstsein wollte nur noch gehen und die ersten Schritte Richtung Tür waren gemacht, aber es kamen immer weitere Themen um die Ecke die aus seiner Sicht nicht klappen, nie funktionieren und wo wir niemals was draus lernen werden. Ich hatte das Gefühl er wollte mal alles abladen und es mir vor die Füße werfen. Ich bin dann einfach gegangen und hatte mich gefragt was da los war.
Meine Gedanken waren schwerfällig, ich hatte kaum Energie und konnte mich nur schwer konzentrieren. Ich kam immer wieder auf das Gespräch zurück, da es für mich unverständlich war, dass jemand so denkt. Sehe ich ein Problem oder eine Hürde beschäftige ich mich stets damit wie ich sie meistern oder gegebenenfalls umgehen kann, daher kam ich mit der Einstellung des Gesprächspartners in dem Moment nicht gut zurecht. Was war da los? Was ist da gerade passiert? Warum tickt der so? Was kann ich tun? Ich kam aber nicht weiter und habe es daher einfach ruhen lassen und mein Unterbewusstsein daran knabbern lassen.
Mit der Zeit kamen mir einige Ideen zu dem Thema. Hier eine Auswahl meiner Gedanken dazu.
Negative Gedanken sind klebrig
Wir Menschen sind so programmiert, dass wir negative Eindrücke wesentlich stärker in Erinnerung behalten. Das ist sinnvoll, denn dann packen wir nicht immer wieder auf eine heiße Herdplatte, sondern merken uns die schmerzhafte Erfahrung und lernen daraus. Im Sinne der Überlebensstrategie ist es sinnvoll sich negative Dinge die uns gefährlich werden können besonders gut zu merken. Peinliche Geschichten sind ebenfalls ein Beispiel dafür. Fast jeder kann sich an etwas Peinliches aus seiner Vergangenheit erinnern und teilweise steigt einem die Schamesröte selbst nach Jahren immer noch ins Gesicht, wenn wir uns an die Situation von damals erinnern. Diese negativen Erinnerungen kleben förmlich an uns fest und wir werden sie nur schwer los. Neutrale oder positive Dinge hingegen brennen sich nicht so sehr ins Gedächtnis ein, da sie ja keine Gefahr darstellen. So ist es für viele bereits schwierig sich daran zu erinnern was sie vor einer Woche zu Mittag hatten.
Bad News are good news
Wir sind geradezu getrimmt auf negative Nachrichten. In Zeitungen, im Fernsehen und im Internet kursieren Schreckensnachrichten besonders gut, danach kommen Katzenvideos und anderes virales Zeug und dann lange nichts. Irgendwann kommen dann auch mal positive Nachrichten. Ein Professor von mir hatte mal die Idee, dass es eine Zeitung geben sollte die positive Nachrichten verbreitet. Ich finde die Idee toll, allerdings wäre es fraglich wie viele Leser eine solche Zeitung hätte. Immer nur heile Welt wird irgendwann langweilig.
Negative Emotionen sind scheinheilig
Es gibt Menschen, die fühlen sich in ihrer Umwelt wohl, wenn sie viel Negatives erfahren und sehen wie schlecht doch die Welt ist. Diese Menschen lechzen geradezu danach negative Dinge zu hören, damit sie entweder sehen, dass es anderen noch schlechter geht als ihnen selbst oder aber damit sie immer tiefer in die negative Emotion abdriften können die so dumpf, kalt und feucht daherkommt und eine scheinheilige Geborgenheit bietet. Diese Menschen fühlen sich wohl im negativen Sumpf aus schlechten Nachrichten und Emotionen. Obwohl so Jemand spürt, dass was nicht stimmt mit ihm und seiner Umgebung kommen diese Menschen dort aus eigenem Antrieb kaum heraus und auch mit Hilfe ist das nur schwer machbar. Manchmal habe ich das Gefühl, dass solche Menschen schon nahe an einer Depression sind und eigentlich professionelle Hilfe benötigen.
Was kann ich tun?
Nach und nach verstehe ich warum ich mit der Situation so schwer klar kam. Es ging einfach komplett gegen meine Werte und meine Stärken und ich hatte das tiefe Bedürfnis irgendwie zu helfen, was in der Situation einfach totaler Quatsch war da mein Gesprächspartner in dem Moment gar nicht aus der Emotion raus wollte. Was also tun? Meine aktuelle Antwort darauf ist: Nichts!
Wenn jemand so tief in einem klebrigen scheinheiligen Sumpf negativer Emotionen steckt kommt es darauf an, ob ich überhaupt irgendeine Berechtigung bekomme zu helfen. Bei dem oben angeführten Gespräch war das nicht nicht der Fall.
Aber was wichtig ist: Ich kann es zumindest verstehen, auch wenn ich nicht damit einverstanden bin.
Nachtrag: Woher der Spruch “Alles Scheiße, Deine Elli” kommt ist mir nicht bekannt. Ich bin auf ein Lied von den Clo-Schahs gestoßen, den Spruch gibt es aber schon viel länger. Selbst meine Oma hatte den damals verwendet. Wenn jemand den Ursprung kennt würde ich mich über eine kurze Info freuen.